DANIA MOLLEMEIER
Modedesign und Menschlichkeit
Beckum – eine idyllische Kleinstadt im Münsterland. In einer schmalen, unscheinbaren Gasse findet sich das Modeatelier von Dania Mollemeier. Die Tür öffnet sich und eine junge Frau mit einem braunen hochgesteckten Dutt erscheint. Auf den ersten Blick wirkt sie etwas zurückhaltend, doch dann huscht ein verschmitztes Lächeln über ihre Lippen. Hinter ihr erscheint ein riesiger, lichtdurchfluteter Raum. Die Decken sind hoch und verleihen dem Raum eine befreiende und lebendige Luftigkeit. Es scheint, als fänden hier diejenigen Träume ihren Platz, die frei sein müssen, die kein Limit und keine Grenzen kennen. Ja, man könnte sagen: hier finden diese Träume Platz zum Atmen.
Schon mit fünf Jahren saß Dania das erste Mal an der Nähmaschine: „Die Leidenschaft für das Nähen habe ich von meiner Mutter geerbt.” Ihre Mundwinkel ziehen sich nach oben, als sie anfängt von ihrer Kindheit zu erzählen. Als Jugendliche festigte sich ihr Wunsch, Modedesignerin zu werden. Schon in der Schulzeit brannte sie für die Welt der Mode: Skizzen zeichnen, Stoffe wählen, Outfits kombinieren, nähen – das Handwerk wurde ihre Leidenschaft. Doch zu dieser Zeit zweifelte sie noch, ob sie ihr Hobby wirklich zum Beruf machen wollen würden und machte sich Gedanken, ob die Modewelt ihr nicht zu oberflächlich sei.
Nach ihrem Abitur reiste Dania nach Südafrika, um dort in einem Kinderheim zu arbeiten. Sie sah das Leid, die Armut, die Kehrseite der westlichen Konsum-Welt. Hier wurde Dania bewusst, wie schrecklich oberflächlich, zerstörerisch und unmenschlich die Welt der kurzlebigen Mode sein kann. Als sie nach Deutschland zurückkehrte, stand sie vor einer Herausforderung. Plötzlich fühlte es sich banal an, etwas mit Mode zu machen, erinnert sich die Designerin. Auf gewisse Art und Weise gerade zu unfair. Doch schnell wurde ihr klar: Sie müsse es schaffen, Mode mit Menschlichkeit und Nachhaltigkeit zu verbinden.
Mit ihrem großen Ziel vor Augen besuchte Dania ab 2014 die Schule für Modemacher in Münster, wo sie zunächst ihren Abschluss als Maßschneiderin und darauf als Produktmanagerin für Modedesign und Bekleidung machte. Schon während ihrer Ausbildung sammelte sie durch Praktika bei Jeff Garner und wunderwerk Praxiserfahrungen in der Unternehmenswelt. Nach ihrem zweiten Abschluss stieg sie direkt als Junior Designerin bei Ernsting´s family ein. Darauf folgte eine Station als Designerin für someday. Doch ihr Traum blieb weiter gleich: faire und soziale Mode. So gründete sie 2021 schließlich ihr eigenes Modelabel VAELU.
Dania streicht mit der Hand über die Stoffe ihrer neusten Kollektion. Sie fühlen sich weich an. Weich, aber robust. Die Farben sind gedeckt und dennoch stark. Die Liebe und Verbundenheit der Gründerin zur Natur spiegeln sich darin wider. Die Materialien sind alle naturbelassen, die Farben von den Bergen inspiriert, erzählt sie. Dann führt sie uns zum Herzstück ihres Ateliers. Hier erweckt sie ihre Visionen zum Leben. Drei Nähmaschinen stehen im Raum, Stoffe türmen sich auf den Regalen. Ein Gefühl von Tatendrang und Leidenschaft liegt in der Luft. Trotz der vielen Materialien herrscht eine ungewöhnliche Ordnung. Alles hat seine Funktion und seinen festen Platz. Diese Ordnung spiegelt sich ein Stück weit in Danias Persönlichkeit wider. Sie scheint genau zu wissen, wohin sie möchte. Auch weiß sie, wie sie in stressigen Phasen wieder Kraft tanken kann, weiß um die Unterstützung ihrer Familie.
Familie – das ist das Stichwort, dass Dania jedes Mal aufs Neue ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Ihr Atelier befindet sich in Räumlichkeiten, die ihre Tante und ihr Onkel für ihr eigenes Geschäft anmieten. Hier gleicht es in einigen Ecken einem Spielplatz. Eine Kinderküche, Bausteine, sogar ein kleines Hockeyfeld ist aufgebaut. „Das ist alles von meinen Cousins und Cousinen. Ich bin wirklich dankbar, dass ich hier mit meinen Nähmaschinen auch noch einziehen durfte.”, erklärt Dania. Am wohlsten fühle sie sich nämlich in der Nähe ihrer Familie. Auch das war mitunter der Grund, weshalb sie von der Großstadt und Mode-Metropole Hamburg wieder zurück in ihre Heimat Beckum zog. Neben ihrer Familie schätze sie hier vor allem die Natur und die Umgebung rund um das Münsterland. „Einfach mal so mit dem Rennrad rausfahren und abschalten. Daraus schöpfe ich die restliche Kraft für meine Arbeit.” Kraft und Entschleunigung, die sie in ihre Slow-Fashion-Marke und ihren Traum für mehr Nachhaltigkeit in der Modewelt steckt.