PROF . DR. ING. GHAZAL MOEINI
„Ich habe zwei Arme, zwei Beine, einen Kopf – genau wie alle Männer hier. Warum hatte ich Angst?“
Ein breites Lächeln und freundliche dunkle Augen begrüßen die Studierenden im Untergeschoss des Technikgebäudes der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen, wenn sie zu den Besprechungen ihrer Abschlussarbeiten kommen. Im Büro von Prof. Dr. Ghazal Moeini riecht es nach Kaffee. An einem großen Whiteboard drängen sich Formeln und Skizzen. Ihr dunkelgrüner Blazer und die schwarzen Mokassins lassen noch nicht erraten, dass man es hier mit einer Expertin für Schweißtechnik zu tun hat. Die junge Frau ist seit 2020 Professorin für Werkstoff- und Fügetechnik an der Westfälischen Hochschule mit dem Schwerpunkt Additive Fertigung von metallischen Werkstoffen. „Wir können heute auch gerne gemeinsam das Schweißen ausprobieren“ grinst sie und schließt das Labor auf.
Noch bis vor vier Jahren sprach sie kein Wort Deutsch. Heute lehrt und forscht Ghazal Moeini am Campus Gelsenkirchen, wo sie ihr eigenes Schweißlabor hat. Schon früh entdeckte sie ihr Interesse für den Bereich Maschinenbau. So lag es nahe, dass sie sich für ein Maschinenbau-Studium entschied. Hier machte sie im Rahmen eines Praktikums den ersten Kontakt zum Schweißen. Aus anfänglichem Zögern flammte schnell Begeisterung für das Handwerk auf – welches sie in ihrem Master vertiefte. 2018 machte sie schließlich einen Lehrgang zur Schweißfachingenieurin. Damit ging sie nicht den „gewöhnlichen Weg“, doch mit unerschütterlichem Ehrgeiz und Durchhaltevermögen verfolgte sie ihre Leidenschaft. Mit über 14 Publikationen in verschiedenen Bereichen der Werkstofftechnik bleibt heute keine Frage mehr offen, ob sich die Professorin für den richtigen Weg entschieden hat. Mit ihrer Arbeit trägt sie zur Forschung des Themenfeldes bei, ein Schlusspunkt ist noch lange nicht in Sicht.
„Ich bin wirklich stolz auf das, was ich tue!“
In ihrem Fachbereich gebe es nach wie vor zu wenig Frauen, erzählt die Maschinenbauerin. Man müsse junge Frauen aktiver informieren und ihnen zeigen, dass auch für sie ein Platz in der Branche sei. Auch sie selbst hatte zunächst Zweifel: „Ich habe zwei Arme, zwei Beine, einen Kopf – genau wie alle Männer hier. Warum hatte ich Angst?“ Mit ihrer Geschichte und ihrer Arbeit zeigt Prof. Dr. Moeini, dass – unabhängig vom Geschlecht –mit Leidenschaft und harter Arbeit jede:r an sein oder ihr Ziel kommt und Großes erreichen kann. Der Grundstein für besondere Leistungen, egal auf welchem Gebiet, sei es, sich stets selbst treu zu bleiben und seine Interessen zu verfolgen, ohne darüber nachzudenken, was andere davon halten.
Als Frau in einer Männerdomäne inspiriert Ghazal Moeini ihre Studierenden. Immer wieder betrachte sie, wie die Studierenden bei den ersten Versuchen noch zögerlich den Schweißhelm aufziehen und an die Maschinen treten – genau wie sie damals. Doch schnell werde auch bei ihnen aus Zögern Stolz und Begeisterung für ihre Schweißarbeiten. In solchen Situationen erinnere die Professorin ihre Studierenden immer gerne an ihre Anfänge und Fortschritte, um sie zu motivieren. „Schweißen ist unverzichtbar im Maschinenbau und damit auch in allen Bereichen unseres Lebens. Ich bin wirklich stolz auf das, was ich tue!“, erklärt sie strahlend.