LENKA MILDER

Hürden überwinden, Barrierefreiheit schaffen

Porträt von Lenka Mildner

„Wenn man eine Idee hat, für die man brennt, dann sollte man diese verfolgen! Es wird schon irgendwie werden.“

Es sollte ein interaktiver Online-Reiseführer werden – mit persönlichen Tipps und immer aktuell. Vor über 20 Jahren entwickelten Lenka Mildner und ihr Partner diese Idee auf einer Rucksackreise durch Griechenland. Ihr Ziel stand fest: diese Idee würden sie umsetzen. So arbeiteten sie zunächst nebenberuflich an ihrem Projekt, programmierten eine Webseite und füllten sie nach und nach mit mehr Inhalten – jedes Wochenende, fast jeden Abend, acht Monate lang. Um noch mehr Zeit und Kraft in ihr Herzensprojekt investieren zu können, kündigten sie schließlich ihre gutbezahlten Jobs. Die Idee: mit den Werbeflächen des Online-Reiseführers könnten sie Einnahmen generieren. Doch was sich gut für die beiden anhörte, funktionierte schließlich nicht ganz – beziehungsweise gar nicht. Aber schnell stellte sich eine gute Alternative heraus: Immer mehr User:innen ihrer Plattform interessierten sich für die Buchung der vorgestellten Unterkünfte – und die Unterkünfte würden für die Vermittlung Provision zahlen. „Das war der entscheidende Wendepunkt“, erklärt Lenka mit einem sanften Lächeln im Gesicht. „Wir hatten keine Ahnung vom Touristikgeschäft, hatten aber den Willen uns einzuarbeiten – und vor allem waren wir bereit unsere ursprüngliche Gründungsidee zu verändern. Und das ist meiner Meinung nach, das Wichtigste an Innovationen: die Fähigkeit den bereits gewählten Weg anzupassen oder ganz zu verlassen, um aus dem Gelernten etwas Neues zu schaffen.“

„Ich denke, heute würde die Geschichte unserer ersten Gründung anders verlaufen,“

Lenka ist mit 13 aus Prag nach Deutschland gekommen – ins Ruhrgebiet. „Tatsächlich habe ich es hier lieben gelernt und bin dann eben geblieben. Also ich würde mich schon als `Ruhrpott-Urgestein` bezeichnen.“, lacht die Unternehmerin. Nach dem Abitur hat sie Medienwissenschaften in Bochum studiert, es folgten mehrere berufliche Stationen im angestellten Verhältnis:Marketingassistentin in einem Maschinenbau-Unternehmen, Redaktionsleitung eines Online-Baumagazins – und mit Anfang 30 folgte die erste Gründung. „Wir wollten uns selbstständig machen, weil wir an unsere Idee geglaubt haben und sie umsetzen wollten. Zu dem Zeitpunkt gab es so etwas wie eine Start-Up-Szene noch nicht. Es gab auch keinen Austausch, keine Gleichgesinnten. Ich denke, heute würde die Geschichte unserer ersten Gründung anders verlaufen,“ sagt die Gründerin.

Vier Jahre nach der Gründung wurde das erste Kind geboren, leider war es von Anfang an problematisch und nach vielen Vermutungen über den Gesundheitszustand, kam nach 15 Monaten die endgültige Diagnose: gehörlos. Es war zuerst ein Schock – es folgten zahlreiche Untersuchungen, OPs und Reha-Aufenthalte. „Zum Glück waren wir ja selbständig, denn in dieser sehr langen Phase haben wir viel Zeit in Kliniken verbracht. Die meisten Chefs hätten uns wahrscheinlich einfach rausgeschmissen. Doch zu dem Zeitpunkt hatten wir schon unser Unternehmen mit drei festangestellten Reisebürofachleuten und zwei Aushilfen, die uns wahnsinnig gut unterstützt haben und das Geschäft am Laufen gehalten haben.“ erinnert sich Lenka, die auch heute noch unglaublich dankbar für diese Unterstützung ist.

Die Behinderung ihres ersten Kindes war für die Gründerin Anlass, sich ehrenamtlich im Bereich Inklusion und Teilhabe zu engagieren. Aus ihrem Engagement entwickelte sie 2018 schließlich eine weitere Gründungsidee: MIT KIDZ – ein digitaler Guide für barrierefreie Familienfreizeit. „Es ist ein datenbankgesteuertes Online-Reisemagazin mit dem Schwerpunkt Barrierefreiheit.“, erklärt sie voller Überzeugung. Zu Recht. Die Rückmeldungen der Eltern von Kindern mit Behinderungen sind mehr als positiv. Sie sind begeistert, denn Lenkas Innovation nimmt ihnen Hürden und ermöglicht es ihnen, ihre Freizeit – genau wie andere Familien – schnell und einfach zu planen.

Kommendes Jahr läuft Lenkas Vertrag hier aus, doch sie schmiedet schon weitere Pläne: „Mein Wunsch ist es, unter anderem den Schwerpunkt der Online-Reiseagentur stärker in den Bereich Nachhaltigkeit und Barrierefreiheit zu verlegen.“ Ein Plan, der nachviel Arbeit klingt. Und doch wirkt die Unternehmerin entspannt und lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Egal was sie sagt, es findet sich immer ein Lächeln auf ihren Lippen.

Doch bleibt neben der ganzen Arbeit noch Zeit für Freizeit? „Ich muss zugeben, auch in meiner Freizeit arbeite ich total viel. Doch gerade versuche ich, meinen Garten aufzuforsten und meinen grünen Daumen zu entdecken“, erzählt sie. Neben ihrer Familie und dem Gärtnern widmet Lenka einen großen Teil ihrer Freizeit ihren Ehrenämtern. In verschiedenen Engagements setzt sich Lenka für ihre Mitmenschen – mit und ohne Behinderungen – ein.

„Als Gründungsberaterin versuche ich, Gründerinnen und Gründer vor Fehlern zu bewahren, die ich gemacht habe in meinen Gründungen.“