VANESSA MEYER

Mit sexueller Bildung für mehr Aufklärung und gegen sexuelle Gewalt

Porträt von Vanessa Meyer

Vanessa Meyer stellt sich selbst als Nessi vor. Die 29-Jährige hat Politik- und Kulturwissenschaften studiert. Ursprünglich habe sie sich in der EU-Politik gesehen. Schon früh engagierte sie sich im Bereich der politischen Bildung und gestaltete die Infokampagne zur Europawahl 2019 mit. Doch dann kam die Sexualpädagogik „dazwischen“. Heute arbeitet sie gemeinsam mit ihrer Mitgründerin Carolin Strehmel in ihrem Office in der Bochumer Innenstadt an Knowbody, einer Aufklärungs-App.

„Was ich nicht benennen kann, darüber kann ich auch keine Unterhaltungen führen.“

Kennengelernt haben sich die Gründerinnen in ihrem Masterstudium. Während ihres Studiums, Ende 2019, entwickelten die beiden die Idee für ihre App Knowbody. Kurz darauf, 2020, riefen sie die App ins Leben. Mit ihrem Projekt packen die jungen Frauen ein Thema an, das ihnen am Herzen liegt: Die Miesere der Aufklärung bei Sex und Sexualität.

Der aktuelle Stand der Aufklärung sei einfach ungenügend. Zudem sei ihnen klar geworden, dass sehr viele Wissenslücken bestehen würden, wenn es ums Thema Sex und Sexualität geht. Es würden einfach falsche Erwartungshaltungen in der Gesellschaft vorherrschen. Auch in der Schule werde Sexualkunde immer noch nicht richtig gelehrt. Die Aufklärung in der Schule müsse viel früher und umfangreicher geschehen, denn zu viele Mythen und falsches Wissen kursieren in der Öffentlichkeit, gerade im Internet. An den Sexualkundeunterricht in ihrer Schulzeit kann die Gründerin sich nicht mehr wirklich erinnern. Aufgeklärt wurde sie von ihrer Schwester, mit Hilfe von Barbiepuppen.

Dem wollen die jungen Unternehmerinnen eine zeitgemäße Antwort entgegenstellen: Knowbody, eine App samt Handbuch für sexuelle Bildung ab der 6. Klasse. Sie beinhaltet Lerneinheiten, die genau auf eine Schulstunde zugeschnitten sind. Als modernes Lehrmittel soll sie helfen, diesen Themenkomplex fächerübergreifend zu behandeln. Darüber hinaus stellt die App den Jugendlichen im Privatleben verlässliche und wissenschaftlich aktuelle Informationen bereit. Durch eine Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums konnte es bereits in die Pilotphase gehen, in der die App bis Juni 2022 sechs Monate deutschlandweit in Schulen getestet wurde. Um jetzt so schnell wie möglich mit Knowbody an den Start zu gehen, sind Caro und Nessi bereits mit vielen Schulen, Bildungsträgern und Ministerien in Kontakt.

„Und die haben nicht mal Genitalien. Dementsprechend kann man sich den Status-Quo dieser Sexualaufklärung vorstellen. –
Naja, auf jeden Fall ausbaufähig.“

Carolin Strehmel und Vanessa schmeißen einer Overhead-Projektor über ein Geländer weg.

Besonders wichtig sei Nessi, mit ihrer Arbeit aufzuklären und somit Gespräche rund um Sexualität zu normalisieren. „Wie hätte ich etwa als Jugendliche mit irgendjemanden über meine Klitoris sprechen sollen, wenn ich nicht mal wusste, dass ich überhaupt eine habe?“ Sexuelle Bildung betrachtet sie dabei als einen wichtigen Pfeiler in der Prävention sexueller Gewalt und schlechter Erfahrungen. „Was ich nicht benennen kann, darüber kann ich auch keine Unterhaltungen führen.“, erklärt die Gründerin. Genau hier möchte sie etwas bewegen und steckt zusammen mit ihrer Mitgründerin viel Zeit und Herzblut in Knowbody.

„Ich bin sehr erfolgreich darin, Avocadopflanzen am Leben zu halten und alle anderen Pflanzen grundsätzlich zu zerstören.“

Ausgleich gibt ihr in ihrer Freizeit etwa das Singen mit Caro im Chor oder ihre Vorliebe für Pflanzen. „Ich bin sehr erfolgreich darin, Avocadopflanzen am Leben zu halten und alle anderen Pflanzen grundsätzlich zu zerstören“, erzählt die App-Entwicklerin grinsend.  Daraufhin macht Caro sie aufmerksam, dass sie doch auch erfolgreich eine Tomatenpflanze herangezogen habe. Wer die beiden Frauen kennenlernt merkt schnell, sie verbindet nicht nur ihre Arbeit, sondern eine Freundschaft und die Leidenschaft für ihr Projekt. Ein Projekt, in das Nessi und Caro viel Zeit, Hirnschmalz und Herzblut stecken. Wenn alles nach Plan läuft, sollte Knowbody im März 2023 bereits an den Start gehen.