DR. WIEBKE LÜKE
Jung, erfolgreich, Chemikerin
– gegen alle Klischees
Dr. Wiebke Lüke ist eine Ausnahme – nämlich als Frau, die im Technologiebereich gegründet und gleich vier Patente angemeldet hat. Seit 2020 ist sie Gründerin und Geschäftsführerin der Firma WEW GmbH in Dortmund. Hier produziert sie als eine von wenigen weltweit das Herzstück von Wasserelektrolyse-Anlagen und ermöglicht somit die Produktion von grünem Wasserstoff.
„Ich möchte zeigen:
Es gibt ganz viele Role Models,
und die sitzen quasi hier vor der Tür.”
Der Plan, Dr. Wiebke Lüke in ihrem Unternehmen zu treffen und durch die Labore geführt zu werden, wurde durch einen positiven Corona-Test hinfällig. „Ich war am Wochenende auf einem Festival in Amsterdam“, erzählt sie herrlich beiläufig im Videocall. Den bestreitet sie trotz knapp 39 Grad Fieber und verschnupfter Nase – weil junge Menschen ihr besonders am Herzen liegen.
Der Grundstein für ihre berufliche Laufbahn wurde schon in ihrer Kindheit gelegt. Neben den Kuscheltieren und Dominosteinen fand schon früh ein Chemiebaukasten in ihrem Kinderzimmer Platz. Ihr Vater, selbst Physik- und Chemie-Lehrer, bestärkte sie in ihrem Interesse. Auch ihre Mutter ist Lehrerin. So lag es für Wiebke Lüke nahe, sich zuerst in der Rolle als Lehrerin zu probieren. Im ersten Praktikum stellte sie dann aber schnell fest: „Das ist das, was ich am aller wenigsten machen möchte.“ Deshalb wechselte sie kurzerhand ins Chemie-Studium.
Hier war sie nun offensichtlich in ihrem Element, denn ihren Doktortitel an der RWTH Aachen erwarb sie 2012 mit der höchsten Auszeichnung. Im Forschungszentrum Jülich wurde sie darauf zur ersten weiblichen Abteilungsleiterin und forschte hier an Brennstoffzellen. 2016 wechselte sie dann in die Wirtschaft, als Projektmanagerin zum Traditionsunternehmen thyssenkrupp. Hier konnte sie sich schnell einen Namen machen. Als der Chef ihrer Abteilung in Rente ging, entschied sie sich jedoch gegen einen Positionswechsel und für das Abfindungsprogramm.
Schmunzelnd erzählt sie, wie dann bei einem Feierabendbier die Idee geboren wurde, selbst zu gründen. „Ich habe bis dahin immer gesagt: ich würde nie selbst meine eigene Firma gründen“, erinnert die Unternehmerin sich lachend.
„Das zeigt, dass in meinem beruflichen Werdegang nichts stringent oder vorausgeplant war.“
Einzige Ausnahme: die Firmengründung selbst, denn die werde einem in Deutschland nicht leicht gemacht. 2020gründete sie schließlich gemeinsam mit ihren beiden Mitgründern die WEW GmbH in Dortmund. Als Gründerin habe sie dabei allerdings nie negativen Erfahrungen aufgrund ihres Geschlechts machen müssen – ganz im Gegenteil: „Zu Veranstaltungen werde meist ich explizit angefragt und nicht meine beiden Mitgründer.“
Dennoch stelle sie immer wieder fest, dass sich Frauen im Gegensatz zu Männern deutlich häufiger die Frage stellen, ob sie etwas wirklich schaffen. In ihrer Kindheit kannte sie keine Frau im persönlichen Umfeld, die im naturwissenschaftlichen Bereich arbeitet. Ihre Role Models waren durchweg männlich:
„Da habe ich mir dann aber gedacht:
was die können, möchte ich auch – ich möchte die gleichen Rechte und Möglichkeiten haben.“
Deshalb ist es für sie eine Herzensangelegenheit, junge Menschen unabhängig vom Geschlecht zu fördern: „Ich möchte sie dahin bringen, dass sie Spaß an diesen Themen haben, dass Naturwissenschaften nichts Schlimmes und auch nicht unbedingt schwer sind und dass es egal sind, ob man weiblich oder männlich ist.“ Projekte wie Jugend forscht, Girls and Boys Days und die Westfälischen Erfinderinnen mit direktem Kontakt zu Studierenden findet sie daher besonders interessant. „Ich möchte zeigen: Es gibt ganz viele Role Models, und die sitzen quasi hier vor der Tür. Mit denen kann man sich unterhalten und die sind im besten Fall nahbar, sodass man sich von denen etwas abgucken kann.“
Wiebke, die uns direkt das Du angeboten hat, ist auf jeden Fall nahbar – und trotz ihres bemerkenswerten Erfolgs auf dem Boden geblieben. Als Ausgleich zur Arbeit macht sie sechs bis sieben Mal pro Woche Sport. „Am Wochenende bin ich auch ganz gern mal alleine, wenn man in der Woche so viele Leute trifft und es trubelig ist“, erzählt sie lächelnd. Ihre größte Leidenschaft neben der Chemie und dem Sport? „Opern.“