PROF. DR. DANIELA GUTBERLET
Von Tschernobyl in den Gelsenkirchener Vorlesungssaal
Mit einem freundlichen, warmen Lächeln im Gesicht sitzt Prof. Dr. Daniela Gutberlet am Schreibtisch in ihrem Büro in der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Vor ihr steht ein grünes Müllauto von Duplo. „Das ist von meinen Kindern.“, erklärt sie. „Da sie nicht mehr damit spielen wollen, habe ich es zu Demonstrationszecken meiner Arbeit hier aufgestellt“, lacht die Professorin für Umwelttechnik und Logistik. „Ich wollte schon immer Professorin werden“, beginnt sie zu erzählen. Doch nicht immer waren die Hochschullabore und Vorlesungssäle ihr Arbeitsplatz. Vor ihrer Professur an der WHS eignete sie sich in verschiedenen Stationen umfassendes Wissen über ihre Fachgebiete Bergbau und die Endlagerung radioaktiver Abfälle an.
Das spannendste „Abenteuer“ ihrer Karriere sei ihre Arbeit in Tschernobyl gewesen
Das spannendste “Abenteuer” ihrer Karriere sei ihre Arbeit in Tschernobyl gewesen, erklärt sie mir einem Funkeln in den Augen. Hier war sie für die Sanierung kontaminierter Standorte in Folge der Katastrophe zuständig. Zusammen mit Expert:innen aus der ganzen EU hat sie hier ihr Wissen auf dem Gebiet der Sanierung von Altlasten zum Einsatz gebracht, um „die Folgen dieses schlimmen Unglücks in den Griff zu kriegen.“ Besonders spannend sei es gewesen, „live dabei zu sein“ und zu sehen, wie sich Flora und Fauna den kontaminierten Raum rund um Tschernobyl – fernab vom Menschenleben – zurückerobert haben. Außerdem habe sie hier viel über das Zusammenspiel und gegenseitige Hilfe auf EU-Ebene gelernt.
„Es hat sich so ergeben.“
Noch bevor sich die Professorin allerdings mit Radioaktivität beschäftigte, startete sie ihre Berufslaufbahn mit einem Bergbau-Studium an der RWTH Aachen. Wenn sie ehrlich sei, habe sie mit ihrer Studienwahl noch gar kein konkretes Ziel verfolgt. „Es war reine Abenteuerlust.“, gesteht Daniela Gutberlet und lacht. Das Abenteuer hat sich ausgezahlt: Auf das Studium folgte 2006 ihre erfolgreiche Promotion, ebenfalls an der RWTH. Für ihren Arbeitgeber DMT zog sie mit ihrer Promotion in der Tasche nach Essen. Hier arbeitete sie 15 Jahre als Projektleiterin sowie in der Geschäftsentwicklung für nukleare Entsorgung. Seit 2021 lehrt Daniela Gutberlet nun an der WHS als Professorin für Umwelttechnik und Logistik in Gelsenkirchen. Dem Ruhrgebiet ist sie also trotz Jobwechsel erhalten geblieben. Doch die Entscheidung, wo sie lebt, habe sie nicht unbedingt bewusst getroffen: “Es hat sich so ergeben”, resümiert sie mit einer gewissen Leichtigkeit und Zufriedenheitin der Stimme. Ihre Arbeit, ihre Familie, ihre Kinder - all das liegt heute im Ruhrgebiet.
Doch trotz all ihrer Leichtigkeit hatte es die Wissenschaftlerin nicht immer leicht. Bei ihrem Einstieg in die Berufswelt nach der Promotion musste sie einige Hürden überwinden. Für ihren Aufstieg im Unternehmen musste sie bei DMT hart arbeiten. „Hier wirklich Karriere zu machen, selbst in den unteren Führungsebenen, war als Frau quasi nicht möglich“, erklärt sie mit einem leichten Kopfschütteln. Dies habe allerdings vor allem daran gelegen, dass sie sich mit dem Bergbau in eine Männerdomäne gewagt hat. Sie habe also stets gewusst, auf was sie sich einlässt, hat sich der Herausforderung gestellt und es weit gebracht.
Anderen Frauen rät sie: „Man sollte den Mut nicht verlieren und man selbst bleiben. Man sollte immer seine persönlichen Stärken nutzen und sich nicht verstellen“. Denn gerade Charakterzüge wie Kompromissbereitschaft und Teamgeist, die Frauen häufig mitbringen würden, seien heute gefragter denn je. Es brauche nicht mehr nur die „männliche Härte“, um sich behaupten zu können. Mit dieser Einstellung hat sie heute das Glück in ihrem Job als Frau weniger mit Vorurteilen oder Hürden konfrontiert zu werden. Dass das jedoch nicht überall der Fall sei, sei ihr klar. Hier dürfe nicht weggesehen werden.
„Ich bin stolz auf mein Durchhaltevermögen.
Es ist der Grund, dass ich es so weit geschafft habe.“
Daniela Gutberlet konnte sich ihren Kindheitswunsch erfüllen und ihre Interessen und ihre Arbeit vereinen. Neben ihrer Arbeit als Professorin engagiert sie sich ehrenamtlich im Ausschuss „Endlagerung radioaktiver Abfälle“ der Entsorgungskommission des Umweltministeriums und berät die Regierung bei der Entsorgung radioaktiver Abfälle. Nach Feierabend findet sie Ausgleich bei ihrer Familie oder beim Sport. Mit ihrer heutigen Situation ist sie rundum zufrieden: “Ich bin stolz auf mein Durchhaltevermögen. Es ist der Grund, dass ich es so weit geschafft habe”, erklärt die Professorin selbstbewusst. Als Vorbild möchte sie daher andere Frauen ermutigen, durchzuhalten, für ihre Ideen einzustehen und ihre Wünsche in die Tat umzusetzen.