Vom Tüfteln mit Freunden zum eigenen KI-Software-Unternehmen
DR. SONJA ESCH
Schon während ihres Physikstudiums an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster entdeckte Dr. Sonja Esch ihr Interesse an künstlicher Intelligenz (KI). Einfach gesagt, ist KI der Versuch, einem Computer menschliches Denken und Lernen beizubringen. Damals tüftelte sie neben den Vorlesungen immer wieder gemeinsam mit Freunden an KI-Projekten – „zum Spielen und Ausprobieren“. Dass sie heute Geschäftsführerin ihres eigenen KI-Software-Unternehmens sein würde, hätte sie dabei allerdings nicht erwartet.
„Man muss nicht direkt Informatik studieren, um KI zu machen.“
“Man muss nicht direkt Informatik studieren, um KI zu machen.”, erklärt Sonja Esch mit einem Lächeln im Gesicht. Selbst hatte sie eigentlich geplant, Kunst und Mathematik zu studieren. Doch schließlich reizte sie der hohe mathematisch Anteil des Fachs Physik und sie begann ihr Physikstudium. Auf den Bachelor und den Master folgte die Promotion. Zu dieser Zeit arbeitete sie immer wieder mit Freunden an einzelnen KI-Projekten. Drei ihrer Freunde, die mit ihrem Studium schon weiter waren als sie, fingen nach und nach an, ernster an einzelnen Themen zu arbeiten – Sonja Esch war sofort dabei. Aus „Wir mach das mal.“ wurden immer komplexere Projekte und bessere Ergebnisse. Wenig später schon wurde dem Team ein Platz in der Gründergarage Münster angeboten. Denn das Potenzial des Teams wurde erkannt und die Vorstellung wuchs, auf der Basis ein Geschäft aufzubauen. „Am Ende vom Studium war mir schon klar, dass ich gerne vielleicht in einem kleinen Programmierbüro oder bei einem Softwaredienstleister arbeiten würde. Einfach um unabhängig meine Herzensthemen voranbringen zu können. Dass es jetzt aber in diese Richtung gegangen ist, das habe ich nicht erwartet. Das hat sich tatsächlich im Prozess entwickelt.“, erinnert sich die Physikerin. Als sich immer klarer abzeichnete, dass die Freunde zusammen ein Geschäft aufbauen könnten, fing die heutige Geschäftsführerin an, abzuwägen: „Okay, was braucht man eigentlich? Was kann man machen? Was gibt es für Rahmenbedingungen? Macht es Sinn eine Firma dafür zu gründen? Oder macht es doch Sinn, als Freelancer zu arbeiten?“
2018 schloss Sonja Esch schließlich ihren Doktor der theoretischen Physik ab. Direkt im Anschluss an ihre Promotion folgte für Sonja Esch und ihre Mitbegründer ein spannendes Jahr: Der Gewinn einer EXIST-Förderung, die Firmierung als GmbH und der Umzug aus der Gründergarage in ein eigenes Büro. Das war der offizielle Startschuss für Kaitos. Heute arbeitet ein Team von sechs Vollzeit- und drei Teilzeitkräften bei Kaitos. Ihr Schwerpunkt: Künstliche Intelligenzen für Unternehmen mit dem Ziel, Mensch und Maschine zu einem „echten und effizienten“ Team werden zu lassen. Dabei erarbeitet die Gründerin mit ihrem Team Lösungen für verschiedenste Kund:innen. So entwickelte sie etwa eine Software, mit der der Prozess des Ablesens von KFZ-Scheinen durch Menschen von etwa zwei bis drei Minuten auf weniger als eine Sekunde reduziert werden konnte. In anderen Projekten optimierte sie zum Beispiel den Prozess der Etikettierung eines großen Industrieunternehmens und das Auslesen von Arztrezepten. Ziel der Projekte ist dabei stets gleich: Ausgaben durch die Reduzierung von Arbeitsstunden minimieren und gleichzeitig die Arbeitsqualität steigern. Besonders reizt Sonja Esch an ihrer Arbeit der Prozess der Lösungsfindung und der kreative Freiraum.
Besondere Herzensangelegenheit ist es ihr, neue Sichtweisen auf das Thema künstliche Intelligenz zu vermitteln und ihnen ihre Leidenschaft verständlich zu machen. Viele Menschen verwenden KIs tagtäglich, doch denken nicht darüber nach, wie diese eigentlich funktioniert, erzählt sie. Daher sei es ihr wichtig, dass vor allem die nächste Generation hier nicht weiter im Dunkeln tappt. Mit einem überzeugten Lächeln im Gesicht erklärt sie
Dass sie sich in eine männerdominierte Branche gewagt hat, war der Gründerin stets bewusst. Das Geschlecht spiele letztlich jedoch einfach keine Rolle, wenn es um das Wissenschaftliche geht, erklärt sie. Dennoch habe auch sie die Erfahrung gemacht, dass Ideen von Frauen hier manchmal weniger ernst genommen werden. Gleichzeitig falle eine Frau in der Branche deutlich schneller auf. Diesen Vorteil weiß die Geschäftsfrau für sich zu nutzen. Sie zeigt: mit gut frisiertem Haar, passend abgestimmten Accessoires und geblümten Kleidern auf dem Chefsessel eines KI-Unternehmens zu sitzen, geht sehr wohl.