DR. ANGELA CARELL
Immer über den Horizont hinaus
Pädagogik und IT – zwei Fachdisziplinen, die auf den ersten Blick nicht unterschiedlicher sein könnten. Doch Dr. Angela Carell verknüpft eben diese und liefert so Anstöße, einen Blick über den Tellerrand zu wagen und immer einen Schritt voraus in die Zukunft zu gehen.
„Können Sie das eigentlich mit Ihrer pädagogischen Grundhaltung vereinbaren, so früh nach der Geburt wieder zurück an die Uni zu kommen?“ – Eine Frage, die die frischgebackene Mutter Angela Carell völlig überrumpelte. Gerade erst war der Zeitvertrag der wissenschaftlichen Mitarbeiterin in ihrer Elternzeit verlängert worden und sie nach viereinhalb Monaten motiviert zurück in einer Halbtagsstelle. Denn die Bemühungen, möglichst schnell in den Job zurückzukehren, Anschluss zu finden und keine Lücken in der Karriere zuzulassen, scheinen umsonst. „Diese Situation werde ich wohl nie vergessen. denn eigentlich habe die bis zu diesem Zeitpunkt ohne Geschlechterschubladen gelebt. Ganz nach dem Motto: „Jeder kann alles werden!“, betont die studierte Pädagogin mit gefalteten Händen, Diese Worte sind es schließlich, die die heute 55-Jährige zum Umdenken bewegten und ihrem beruflichen Leben eine neue Wendung gegeben haben.
2011 entschloss sich Dr. Angela Carell in die Forschung des IT-Dienstleisters adesso zu wechseln „Der erste Tag war schrecklich“, lacht die Forscherin herzhaft und krault dabei ihren Pudel Toffee, den sie gerne mit ins Büro bringt. Zeiterfassung, Businesslook und die so ganz andere Arbeitsatmosphäre irritierten die Forscherin mit Sneakern, lockerer Bluse und lässigem Kragen zunächst. Aber der Eindruck weilte nur kurz. Schnell lernte sie die lockere, sehr kollegiale Unternehmenskultur von adesso zu schätzen. „Ich kann hier sehr frei und selbstbestimmt arbeiten und man traute mir von Anfang an sehr viel zu“, erklärt sie. Neben Toffees Hundenapf findet man in ihrem Büro mittlerweile ein Bücherregal, geschmückt mit den Titeln „Miteinander Reden“, „Design Thinking“ und „Groups at work“.
Denn auch wenn Angela Carell lieber arbeitet, als in ihrer Pause zu lesen oder sich mit Kolleginnen und Kollegen am Tischkicker zu messen: Teamarbeit steht bei ihr stets im Mittelpunkt. Heute verantwortet sie jährlich mehr als 6. Mio Euro Investitionen in Forschung und Entwicklung (FuE) und 14 umfangreiche Forschungsprojekte. Hinzukommen etliche kleine interne FuE-Vorhaben. Sie setzt sich beispielsweise begeistert für Forschung zu Themen wie neue vernetzte Mobilitätskonzepte oder auch eHealth ein. Ihr Lieblingsbeispiel: eine App für Menschen mit einer Depressionserkrankung. „Bereits 2016 haben wir uns im Forschungsprojekt STEADY mit dem Thema befasst, lange bevor solche digitalen Anwendungen als Medizinprodukte über Krankenkassen verschrieben werden konnten.“ Sie ist stolz darauf, dass sie und ihr Chef damals schon an diese digitale Hilfe geglaubt und trotz vieler Hindernisse das Projekt auf den Weg gebracht haben: „Wenn man selbst fest an ein Thema glaubt und den Mut hat, auch mal gegen den Strom zu schwimmen, können großartige Ideen Wirklichkeit werden.“ Aus ihrer Zeit an der Uni und ihren dortigen Forschungsprojekten heraus, weiß sie aber auch, dass eine kreativitäts- und innovationsförderliche Unternehmenskultur dafür die Basis ist. „Und diese Kultur finde ich bei adesso.“, erklärt sie mit einem Lächeln im Gesicht.
Ein anderes Projekt hat aber einen ganz besonderen Platz in ihrem Herzen. „In der Sonderpädagogik sind wir immer nur Frauen gewesen. In der Informatik dafür fast nur Männer“, erklärt Carell, die als Kind selbst „Feuerwehrmann“ werden wollte. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen will sie dies ändern und mehr Frauen für die IT begeistern. Das bedeutet aber natürlich auch zu reflektieren: Wie wird ein Arbeitsplatz für Frauen attraktiv? Was bieten wir bereits und wo haben wir im Unternehmen Verbesserungsbedarf? Und wie können wir Väter unterstützen, die mehr Care-Arbeit übernehmen wollen? Hier hilft Carells analytisch-wissenschaftliche Herangehensweise. Systematisch arbeitet sie mit Kolleginnen an der Women’s Employee Journey. „Ihr Baby“, wie Carell betont, für das ihr Unternehmen mit dem TOTAL E-QUALITY-Prädikat für Chancengleichheit ausgezeichnet wurde. —Ein Projekt, mit dem sie über den Horizont hinausgeblickt haben.
„Darauf zu vertrauen, dass andere schon irgendwann die eigenen Potenziale erkennen,
ist oft einfach eine Sackgasse.“
Diese Einstellung und der Blick über den Tellerrand hinaus begleitet Angela Carell durch ihr gesamtes Leben. „Ich bin mit einem Vater aufgewachsen, der schon vor 40 Jahren viel im Haushalt übernommen hat. Meine Mutter hat als Mutter von drei kleinen Kindern ihren Meister gemacht und als Friseurmeisterin ihr eigenes Geschäft eröffnet. Und mit meinen Brüdern habe ich mit die Aufgaben im Haushalt abwechselnd geteilt— und das war ein ganz schönes Stück Arbeit, bis ich das durchgesetzt habe.“ Von ihren ersten Auseinandersetzungen mit Gender-Fragen über die Arbeit mit Menschen mit Behinderungen und ihre Karriere in der Forschung bis hin zur Arbeit im Unternehmen mit Führungsverantwortung — stringent geplant habe sie in ihrem Leben nichts. Vielmehr sieht Angela Carell ihre Chancen und nutzt sie beherzt. Heute rät sie jungen Frauen, sich frühzeitig darüber Gedanken zu machen, wie sie ihre berufliche und private Zukunft gestalten wollen. „Darauf zu vertrauen, dass andere schon irgendwann die eigenen Potenziale erkennen, ist oft einfach eine Sackgasse.“
Für die Zukunft wünscht sie sich eine Welt, in der jede und jeder die gleichen Chancen hat und nutzen kann, „eine Welt, in der jeder einfach nur Mensch ist.“